Rechtsfolge 12 Die Eigentumsgarantie
Shownotes
Die schweizerische Bundesverfassung hält in Art. 26 kurz und knapp fest: «Das Eigentum ist gewährleistet». Die Eigentumsgarantie gehört seit dem 19. Jahrhundert zu unseren verfassungsmässig geschützten Rechten. Doch was schützt die Eigentumsgarantie genau? Was bedeutet Eigentum? Und entspricht das Grundrecht überhaupt noch den ökonomischen, sozialen und technologischen Entwicklungen unserer Zeit? Oder müssen wir uns auf die Suche nach "dem neuen Eigentum" machen?
Darüber haben wir in Rechtsfolge 12 mit Dr. iur. Stefan Schlegel gesprochen. Dr. iur. Stefan Schlegel hat in Zürich Rechtswissenschaften studiert und war als wissenschaftlicher Assistent und Doktorand im Migrationsrecht an der Universität Bern tätig. Nach Forschungsaufenthalten an der University Toronto und am Max-Planck-Institut zur Erforschung multiethnischer und multireligiöser Gesellschaften in Göttingen arbeitete er zunächst als Oberassistent am Institut für öffentliches Recht der Universität Bern und war sodann Ambizione-Stipendiant des Schweizerischen Nationalfonds. Seit Februar 2024 ist Dr. iur. Stefan Schlegel Direktor der Schweizerischen Menschenrechtsinstitution (SMRI).
In seiner Habilitation geht Dr. Stefan Schlegel dem Schutzbereich der Eigentumsgarantie eingehend auf den Grund und arbeitet dabei u.a. an neuen Eigentumsformen.
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00:00:00: Die Schweizerische Bundesverfassung hält in Artikel 26 kurz und knapp fest, das Eigentum
00:00:18: ist gewährleistet.
00:00:19: Die Eigentumsgarantie gehört seit dem 19.
00:00:23: Jahrhundert zu unseren verfassungsmäßig geschützten Rechten.
00:00:27: Allerdings haben sich deren Funktionen, Bedingungen, Anwendungsbereich und auch die Ausübung seither
00:00:34: grundlegend verändert.
00:00:36: Was bedeutet Eigentum also?
00:00:39: Entsbricht das Grundrecht heute überhaupt noch den ökonomischen, sozialen und technologischen
00:00:45: Entwicklungen unserer Zeit?
00:00:47: Oder müssen wir uns gar auf die Suche nach dem neuen Eigentum machen?
00:00:51: Wir haben heute Dr.
00:00:55: Yu Stephan Schlägel bei uns zu Gast, der mit seinem Habilitationsprojekt einen frischen
00:00:59: Blick auf die Eigentumsgarantie wagt.
00:01:02: Er hat in Zürich Rechtswissenschaften studiert und war anschließend als wissenschaftlicher
00:01:07: Assistent und Doktorand Immigrationsrecht tätig bei uns in Bern.
00:01:12: Während seine Dissertation absolvierte Stephan Schlägel einen Forschungsaufenthalt an der
00:01:17: University of Toronto und ging danach an das Max Planck-Institut zur Erforschung multietnischer
00:01:23: und multireligöse Gesellschaften in Göttingen.
00:01:26: Zurück an der Universität Bern arbeitete er als Oberassistent am Institut für öffentliches
00:01:32: Recht und seit Februar 2021 ist er Ambitionenstipendiant des Schweizerischen Nationalfonds.
00:01:40: In diesem Raum schreibt er auch seine Habilitation.
00:01:43: Der Habilitarin geht er unter anderem dem Schutzbereich der Eigentumsgarantie eingehend
00:01:49: auf den Grund und arbeitet uns besondere mit Modernisierungsansätzen.
00:01:54: Welchen Herausforderungen er dabei begegnet ist und zu welchen Erkenntnissen er gelangt
00:01:59: ist, darüber wollen wir heute mit ihm sprechen.
00:02:03: Lieber Herr Schlägel, vielen Dank, dass Sie heute unser Gast sind.
00:02:07: Danke, dass ich Euer Gast sein darf.
00:02:09: Herr Schlägel, nach Ihrem Studium der Rechtswissenschaften haben Sie sich als wissenschaftlicher Assistent
00:02:17: zunächst einer Dissertation gewidmet und sind nun dabei, wie wir es gehört haben, eine
00:02:22: Habilitation zu verfassen.
00:02:24: Wie immer würde uns und wahrscheinlich auch unsere Hörer*innen zunächst interessieren.
00:02:30: Wie kam es eigentlich dazu, dass Sie sich für eine wissenschaftliche Tätigkeit entschieden
00:02:35: haben und was fasziniert Sie eigentlich an der Wissenschaft besonders?
00:02:40: Es ist der Luxus und die Freiheit, Fragen auf den Grund gehen zu können und aus den
00:02:49: vorläufigen Antworten, die man gefunden hat, wieder neue Fragen entwickeln zu können
00:02:54: und diesen Neugier nachzugehen, Querschnittsfragen aufwerfen zu können, grundlegende Fragen
00:03:01: aufwerfen zu können und deshalb eine grundlegende Neugier befriedigen können als diejenige,
00:03:09: die durch die blosse Problemlösung, die unmittelbare Problemlösung befriedigt werden könnte.
00:03:15: Jetzt sind ja nicht nur wissenschaftlich tätig, sondern nebenbei auch in Politik und Verwaltung
00:03:22: aktiv, so zum Beispiel als Vorstandsmitglied der Operation Libero und auch als Mitglied
00:03:29: der Fachkommission für Migrations- und Rassismusfragen der Stadt Bären.
00:03:33: Jetzt wie gestaltet sich für Sie das Zusammenspiel zwischen Recht, Politik und Gesellschaft und
00:03:41: prägen Ihre Tätigkeiten im Besonderen jetzt auch Ihr Verständnis von Recht und allenfalls
00:03:46: auch dessen Grenzen?
00:03:48: Ich genieße das sehr, diesen Austausch zu haben zwischen diesen verschiedenen Registern,
00:03:55: in denen Menschen zusammen funktionieren und die Politik ist viel praktischer, viel
00:04:00: schnelllebiger als ein anderen Rhythmus, einen anderen Ton und das tut mir sehr gut
00:04:05: als Abwechslung.
00:04:06: Ich finde das sehr interessant und es ist auch eine Möglichkeit, das, was man juristisch
00:04:13: erforscht, wo man immer eine Tendenz hat, abstrakter zu werden, konzeptioneller zu werden
00:04:19: und sich dabei zu immer für koffteren Problemen vorzuarbeiten, ein bisschen rückzubinden an
00:04:24: praktische Probleme und festzustellen, wo liegen denn die praktischen Probleme?
00:04:29: Ich profitiere sehr von diesem Austausch.
00:04:32: Ich merke dabei natürlich die Grenzen des Rechts, wobei die betrone ich persönlich in meiner
00:04:38: rechtswissenschaftlichen Tätigkeit auch relativ stark.
00:04:42: Ich habe eine relativ große Skepsis gegenüber der Gestaltungsmacht des Rechts, des als Rechtswissenschaftler.
00:04:49: Was ich in der Politik eher feststelle, sind die Grenzen der Rechtswissenschaft.
00:04:54: Also, dass sehr oft ein juristisches Argument nicht sehr weit trägt, im Satz.
00:05:00: Wir sind hier nicht in einem juristischen Seminar, den hört man noch relativ schnell
00:05:04: einmal in einer politischen Auseinandersetzung von Politikern und meistens nicht, wenn sie
00:05:10: etwas Gutes vorhaben.
00:05:12: Dieser Luxus, den Sie erwähnt haben, den man hat als Wissenschaftler, gehört dazu auch
00:05:17: der Auslandsaufenthalt.
00:05:19: Sie werden ja im Nahen und im weiteren Ausland tätig.
00:05:23: Wie haben Sie es wahrgenommen und hat das auch Ihre Perspektive auf das Schweizer Recht
00:05:27: verändert?
00:05:28: Ja, das ist eine sehr wichtige und prägende Erfahrung gewesen für mich und ich kann
00:05:34: das allen unbedingt empfehlen, allen, die wissenschaftlich tätig sind, aber besonders
00:05:40: denjenigen, die rechtswissenschaftlich tätig sind und die eine Tendenz haben, sich innerhalb
00:05:45: einer Rechtsordnung zu bewegen und dort, besonders wenn es eine Rechtsordnung ist und eine Rechtswissenschaft,
00:05:51: die relativ klein und überblickbar ist, wie diejenigen der Schweiz, in einem Echo-Raum
00:05:57: zu sein, der sich selbst auf der repetiert und bestätigt, dass es ungeheure Bereiche
00:06:03: auszuberechen und ich hätte nichts von dem, was ich beisteuere hier, wenn es denn etwas
00:06:10: ist, was ich beisteuere, tun können, ohne diesen Perspektivwechsel und diese bereichende
00:06:16: Erfahrung eines Auslandsaufenthaltes.
00:06:18: Das heißt, das hat auch das, das überhaupt das Verständnis des Schweizerischen Rechts
00:06:23: für Sie so geändert, dass Sie das Schweizer Recht besser wahrnehmen können oder kritisch
00:06:28: auch, können Sie es besser einordnen in die verschiedenen Rechtsordnungen, die existieren
00:06:33: oder wie war das für Sie?
00:06:34: Genau, also es gibt natürlich, was sehr interessant ist, ist zu sehen, was sind die Probleme,
00:06:39: die sich durchziehen, die sich überall so stellen und was sind die Antworten, die anderswo
00:06:44: darauf entwickelt worden sind.
00:06:46: Das gibt einem, wie das öffnet, einem einen Werkzeug kasten, wenn man so möchte, während
00:06:50: man vorher nur ein Werkzeug in der Hand hatte und es zeigt einem auch, wo die Schweizer
00:06:56: Diskussion sehr spezifisch und einzigartig ist und das ist auch eine sehr interessante
00:06:59: Erkenntnis.
00:07:00: Sehr gut, wunderbar.
00:07:02: Was mich noch interessieren würde in Ihrer Dissertation sind Sie ja, haben Sie sich auf
00:07:07: das Migrationsrecht spezialisiert, insbesondere jetzt in der H-Bilder geht es um die Eigentumsgarantie.
00:07:13: Hier natürlich meine Frage, hängen diese beiden Themen miteinander zusammen auf irgendeine
00:07:18: Art und Weise oder gibt es da gar keinen Connects?
00:07:21: Für Sie jetzt persönlich?
00:07:23: Ja, ich finde das eine sehr spannende Frage und auf den ersten Blick könnte man wahrscheinlich
00:07:28: tatsächlich denken, dass das ein kompletter Themenwechsel ist und Personen, die sich stark
00:07:33: mit der Eigentumsgarantie befassen, kommen üblicherweise aus dem Umwelt oder aus dem
00:07:37: Raumplanungsrecht, wo sich in der Praxis tatsächlich die häufigsten Eigentumsfragen
00:07:41: stellen.
00:07:42: Aber ich habe versucht mich auch dem Migrationsrecht von einer unkonventionellen Perspektive zu
00:07:48: nähern oder versucht das Migrationsrecht aus einer unkonventionellen Perspektive darzustellen
00:07:53: und das habe mich später danach zur Eigentumsgarantie gebracht.
00:07:56: Das Migrationsrecht wird üblicherweise analysiert entweder als ein besonderes Feld des Polizeirechtes,
00:08:04: wenn man so möchte, wo es also darum geht eine Aktivität von der potentiell Gefahren
00:08:11: für Polizeigüter ausgehen, so zu regulieren, dass diese Gefahr reduziert wird.
00:08:17: Und der andere quasi der gegenüberliegende Approach, der in der Wissenschaft viel prominenter
00:08:22: ist, ist ein menschenrechtlicher Zugang zum Problem, wo also die Regulierung von Migration
00:08:28: als etwas angesehen wird, was unter menschenrechtlichen Gesichtspunkten besonders risikogeneigt ist,
00:08:34: besonders problematisch ist und deshalb Migrationsrecht als ein wichtiges Anwendungsfeld
00:08:41: der Grundrechte betrieben wird wissenschaftlich.
00:08:44: Und ich habe versucht Migrationsrecht zu verstehen von der Perspektive her, was teilt
00:08:51: Migrationsrecht eigentlich zu, was sind die Güte, die durch Migrationsrecht zugeteilt
00:08:56: werden.
00:08:57: Und ohne das zu stark für Einfachen zu wollen, kann man sagen, etwas vom ganz Zentralen,
00:09:02: was das Migrationsrecht zuteilt, sind Marktzugangsrechte.
00:09:06: Das Migrationsrecht stellt im Wesentlichen Eintritts, Tickets aus und entzieht diese
00:09:10: und verteilt diese und zieht sie wieder zurück zum Arbeitsmarkt und zu einem Dienstleistungsmarkt
00:09:17: und damit Eintritts-Tickets zu, was man ein Gefüge aus Institutionen nennen könnte,
00:09:22: von denen einige öffentlich sind, politische Institutionen, juristische Institutionen und
00:09:28: so und dann Märkte und Unternehmen, die privat sind.
00:09:32: Und das Eintritts-Ticket in dieses Institutionengefüge ist ein Gut von ungeheurem Wert, das durch
00:09:40: das öffentliche Recht, Spezial- und Migrationsrecht zugeteilt wird.
00:09:44: Und es ist plausibel davon auszugehen, dass dieses Gut, dieses Eintritts-Ticket viele
00:09:51: Eigenschaften aufweist von dem, was jedenfalls traditionell das Eigentum aufgewiesen hat.
00:09:57: Es gibt Ökonomen, die haben gezeigt, dass im 19. Jahrhundert die Frage, in welche Klasse
00:10:04: jemand geboren worden ist.
00:10:06: Und mit der Frage, in welche Klasse ist man geboren, ist die Frage, verfügt man über
00:10:12: Grundeigentum oder nicht?
00:10:13: Also in einer oberen Klasse geboren zu sein, heißt im Wesentlichen, mit Grundeigentum geboren
00:10:19: zu sein.
00:10:20: Und dass diese, die Frage, in welche Klasse man geboren ist, der wichtigste Indikator
00:10:25: dafür war, wie viel jemand ökonomische Möglichkeiten hat in seinem Leben, was für
00:10:30: Ausbildungsmöglichkeiten jemand hat, letztendlich was für eine Lebenserwartung jemand hat.
00:10:34: Und man kann zeigen, dass heute dieses Kriterium, dieses Aussage kräftigste Kriterium nicht
00:10:40: mehr ist, in welche Klasse ist man geboren.
00:10:42: Das ist überhaupt nicht mehr ein unwichtiges Kriterium, das ist immer noch ein wichtiges.
00:10:46: Aber das Wichtigste ist die Frage, wo ist man geboren?
00:10:49: Zu welchem Institutionengefüge hat man Zugang?
00:10:53: Und das ist eine Frage, die heute wichtiger ist, als die Frage, in welche Klasse ist man
00:11:00: geboren.
00:11:01: Das heißt, jenes Rechtsgebiet, dass die Möglichkeit zuteilt, diese Institutionengefüge zu wechseln,
00:11:09: teilt etwas zu, dass analytisch sehr ähnlich ist in seiner Wirkungsmächtigkeit wie das
00:11:15: Eigentum.
00:11:16: Und das ist der Bezug zwischen den beiden Rechtsgebieten.
00:11:19: Sehr spannend, man sieht da auch schon, den öffentlich-rechtlichen Charakter, den ihre
00:11:25: Arbeit prägt, wirklich sehr interessant, wir kommen noch darauf zu sprechen.
00:11:29: Jetzt vielleicht ein paar allgemeinere Fragen, bevor wir da in medias Rees gehen, weil es
00:11:34: geht, so wie ich das verstanden habe in ihrer Habilatation, nicht nur um die Verteilung
00:11:40: dieser Zugänge zu dem Eigentum überhaupt, sondern über den Eigentumsbegriff in einem
00:11:45: weiteren Sinne.
00:11:46: Jetzt vielleicht, Sie haben diese gesellschaftliche Relevanz des Eigentums kurz um Rissen, vielleicht
00:11:53: möchten Sie dazu noch mehr sagen, was uns vor allem interessieren würde, welche Rolle
00:11:58: denn die Eigentumsgarantie als Grundrecht bei uns in der Verfassung einnimmt?
00:12:02: Weil die Verfassung ist ja die überliegende Ordnung, die oft festlegt, wie sich auch die
00:12:07: einzelnen Rechte dann auf einer einfach gesetzlichen Ebene ausspielen.
00:12:12: Ja, ich glaube, es ist sowohl historisch als auch gegenwärtig schwierig, die Wichtigkeit
00:12:20: der Eigentumsgarantie zu hoch zu hängen.
00:12:23: Also historisch gesehen hat die Eigentumsgarantie innerhalb der Grundrechte eine sehr prominente
00:12:29: Stellung und oft wird so weit gegangen zu sagen, dass im 17., im 18., im 19.
00:12:38: Jahrhundert Freiheiten sich nicht so sehr aus Rechten ergeben haben, sondern aus dem Eigentum
00:12:44: ergeben haben.
00:12:45: Also die Möglichkeit, Freiheiten, wie sie heute in einem Katalog von Grundrechten geschützt
00:12:50: sind, wahrnehmen zu können, ergab sich historisch aus der Möglichkeit Eigentum zu kontrollieren.
00:12:55: Und das heißt, in der Garantie des Eigentums gegenüber dem Staat war die Garantie von
00:13:00: einer ganzen Reihe quasi abgeleitet, der akzessorische Freiheiten mit enthalten.
00:13:06: Und das heißt, die Eigentumsgarantie hatte eine ganz wichtige Ermöglichungsfunktion für
00:13:12: weitere Freiheiten.
00:13:13: Heute ist das nicht mehr ganz so, man kann dieses Spektrum von Freiheiten wahrnehmen,
00:13:18: mehr oder weniger gut, ohne über Eigentum verfügen zu können.
00:13:22: Und diese anderen Freiheiten haben sich quasi vom Eigentum emanzipiert.
00:13:26: Und das ist eine dieser Ablösungsprozesse, die mich interessieren in meiner Forschung.
00:13:31: Aber das ist einmal wichtig, sich vor Augen zu halten, diese historisch übergeordnete
00:13:37: Stellung, die das Eigentum als Freiheitsvermittel der Faktor hatte und deshalb auch der Schutz
00:13:43: des Eigentums gegenüber dem Staat als gründrechtliche Errungenschaft.
00:13:46: Heute kann man sicher nach wie vor sagen, dass die Grundentscheidung darüber, ob eine
00:13:54: Gesellschaft von Privateigentum geprägt sein soll oder nicht.
00:13:58: Eine der grundlegendsten Entscheidungen ist, die eine Gesellschaft für sich treffen kann.
00:14:04: Insbesondere die Frage, soll Eigentum, oder man kann das vielleicht noch technisch sagen,
00:14:09: Produktionsfaktoren in einer Gesellschaft dezentralisiert sein oder sollen die möglichst
00:14:15: zentral sein.
00:14:16: Das ist eine der grundlegendsten Weichenstellungen, die eine Gesellschaft für sich vornehmen
00:14:22: kann und die Eigentumsgarantie in unsere Verfassung, in ihrer Schutzdimension als
00:14:29: Institutsgarantie hat einmal zunächst und vor allem die Aufgabe diesen Grundentscheid
00:14:35: festzulegen und zu dokumentieren, ja, diese Gesellschaft möchte Produktionsfaktoren dezentral
00:14:42: in der Gesellschaft zuordnen.
00:14:43: Sie haben es jetzt bereits angesprochen.
00:14:47: Die Eigentumsgarantie bildet eigentlich schon historisch gesehen bereits vor ihrer ausdrücklichen
00:14:53: Normierung in der Verfassung ein Grundpfeiler unserer Rechtsordnung eben auch, wie Sie es
00:14:59: erwähnt haben, als Garant für die Ausübung anderer und weiterer Freiheiten.
00:15:05: Nun, bevor wir ein Stück weitergehen, würde mich trotzdem zunächst interessieren, woher
00:15:11: stammt die Eigentumsgarantie, so wie sie in der Verfassung verankert ist und welche
00:15:17: Funktionen erfüllte sie im Kern?
00:15:19: Weshalb wurde ihr historisch gesehen diese Bedeutung zugemessen?
00:15:23: Also die Eigentumsgarantie in unserer Verfassung, die hat eine lange und bewegte Geschichte,
00:15:30: weil sie erst relativ spät, erst Ende der 60er Jahre in dieser Form in die Verfassung
00:15:35: gelangte, aber schon lange vorher als ein ungeschriebenes Grundrecht anerkannt war
00:15:41: und in den kantonalen Verfassungen fast durchs Band garantiert war.
00:15:46: Das heißt, die Eigentumsgarantie spielt in der jungen Eidgenossenschaft ebenfalls diese
00:15:51: prominente Rolle, die sie in anderen Grundrechtsgeschichten spielt, obwohl sie weniger stark dokumentiert
00:15:58: ist in den jeweiligen Verfassungsdokumenten.
00:16:02: Und die Grundfunktion, die die Eigentumsgarantie in unsere Verfassungstradition spielt unterscheidet
00:16:12: sich wahrscheinlich nicht grundlegend von derjenigen von anderen Verfassungstraditionen,
00:16:17: es war ein Grundrecht, dass denjenigen, die einen politischen Hebel hatten, sehr nahe
00:16:23: war, sehr eine stark motivierende Funktion entwickelte, weil ihr Eigentum durch die Konzentration
00:16:31: von staatlicher Macht bedroht war.
00:16:33: Und es war eine, wenn ich die Personen ganz am Rand der Gesellschaft, deren Grundrechtskämpfe
00:16:39: immer erst relativ spät möglich sind und relativ spät Resultate zeitigen, sondern die
00:16:44: jenigen, die über eine gewisse Macht verfügten, indem sie über Eigentum verfügten und die
00:16:49: erkannt haben, dass ihre weiteren Freiheiten von diesem Eigentum abhängen, die dafür
00:16:54: gesorgt haben, dass dieses Eigentum eines der ersten Freiheitsphären ist, die gegenüber
00:17:00: einer sich etablierenden Staatsmacht geschützt ist.
00:17:04: Das ist einmal also diese Kernfunktion der individuellen Freiheit und wie sie eben angelegt
00:17:12: ist im Eigentum, das geschützt werden soll.
00:17:16: Und darüber hinaus erfüllt das Eigentum, wie gesagt, diese institutionelle Funktion,
00:17:22: diese Grundentscheid für eine Ordnung, in der Eigentum verteilt ist in der Gesellschaft
00:17:30: und nicht konzentriert ist, an einem Ort besonders beim Staat.
00:17:34: Darüber hinaus die dritte Schutzdimension der Eigentumsgarantie, die so ein Alleinstellungsmerkmal
00:17:42: ist der Eigentumsgarantie, ist die sogenannte Wertgarantie und dort ist es viel schwieriger
00:17:48: genau zu verstehen, was ihre Funktion ist.
00:17:51: Also sie besagt, wenn enteignet wird, das ist, was dann noch kommt in diese Lapidarformel,
00:17:57: das Eigentum ist gewährleistet, darunter steht dann in einem zweiten Absatz, wenn enteignet
00:18:01: wird, dann muss voll, voll entschädigt werden.
00:18:04: Und die Frage, was ist genau die Funktion dieser Entschädigung, die finde ich weniger
00:18:11: einfach zu beantworten.
00:18:13: Es gibt wahrscheinlich zwei Möglichkeiten, die eine ist in der Restlinie jemanden schadlos
00:18:17: zu halten, das ist relativ neiligend und die andere, die schwieriger ist in den Griff
00:18:24: zu bekommen, also schwieriger ist im Verständnis auszugestalten, ist eine Einpreisungsfunktion.
00:18:34: Also der Mechanismus, der Staat, wenn er Eigentum entzieht, sich fragen muss, nützt
00:18:41: mir oder nützt der Allgemeinheit dieses Eigentum mehr, wenn wir es enteignen, als
00:18:47: der Person, der es jetzt gehört, können wir es in seinem Wert voll entschädigen und trotzdem
00:18:53: noch einen Nutzen unter dem Strich daraus ziehen, dass man also die Kosten des eigenen
00:18:59: Verhaltens einpreisen muss und so nur enteignen soll, was wirklich unter dem Strich sich lohnt
00:19:07: zu enteignen.
00:19:09: Das scheint mir eine Funktion zu sein, die diese Wertgarantie auch erfüllen könnte und da
00:19:15: muss man aber noch besser verstehen, wenn das so ist, weshalb kommt diese Wertgarantie
00:19:21: dann nur in diesen spezifischen Konstellationen der formellen und der materiellen Enteignung
00:19:27: zum Tragen und nicht allgemein bei Eigentums eingreifen.
00:19:30: Also gibt es eine Reihe von offenen Fragen, die ich für mich auch noch nicht beantworten
00:19:35: kann.
00:19:36: Also verschiedene Dimensionen, die die Eigentumsgarantie versucht zu erfüllen, bzw. diverse Funktionen,
00:19:45: die sie bezwegt, haben sich eigentlich, Sie haben es bereits erwähnt, die Eigentumsgarantie
00:19:50: war bereits längeres verankert, auch in kantonalen Verfassungen.
00:19:55: Kann man beobachten, dass sich diese Funktionen jetzt im Laufe dieser gesamthaft gesehen relativ
00:20:02: kurzen Zeiten Verankerung auch verändert haben in der Rechtsprechung oder allgemein im
00:20:09: Umfang dieser Garantie?
00:20:10: Ich würde sagen, es ist ein relativ konservatives Grundrecht, das heißt, seine Funktion ist
00:20:17: relativ stabil geblieben.
00:20:19: Jedenfalls im Verhältnis zu seinem Kontext.
00:20:22: Also wenn man sich überlegt, wie stark sich die Natur des Eigentums unterdessen weiterentwickelt,
00:20:28: dass die Arten, wie Güte in der Gesellschaft verteilt sind, wie Güte übertragen werden
00:20:31: können in der Gesellschaft.
00:20:32: Und die Arten, wie der Staat tätig wirkt und diese Güte eingreift, diese Güte gefährdet,
00:20:39: dann ist es ein relativ konservatives Grundrecht.
00:20:42: Dafür spricht auch der Umstand, wie die Eigentumsgarantie schließlich in die Puntsverfassung
00:20:47: gelangt ist, nämlich gleichzeitig mit einer Grundsatzkompetenz des Bundes für Raumplanung,
00:20:54: also eine Tätigkeit, die relativ intensiv in den wichtigsten Anwendungsfall von Eigentum,
00:20:59: das Grundeigentum eingreift.
00:21:02: Und man hat quasi als Flankenschutz zu dieser neuen Kompetenz, zu dieser neuen staatlichen
00:21:08: Aktivität die Eigentumsgarantie mit in die Verfassung genommen und damit eigentlich
00:21:13: eine recht konservative Funktion dieser Eigentumsgarantie signalisiert.
00:21:19: Sie dient nach wie vor in erster Linie dem Schutz des Sacheigentums, besonders des Grundeigentums,
00:21:25: gegenüber einem Staat, der zwar nicht mehr Land requiriert, um Kriege finanzieren zu
00:21:32: können, sondern um Raumplanung zu machen oder große Infrastrukturen leisten zu können.
00:21:36: Das hat sich geändert, aber die Funktion der Eigentumsgarantie dagegen einen Schutz
00:21:41: zu geben.
00:21:42: Und die im Wert, um den es geht, die würde ich sagen, die ist erstauntlich stabil geblieben.
00:21:48: Wie wird denn das Eigentum konkret neu gelebt oder anders gelebt, als es zu Zeiten der Verankerung
00:21:57: der Eigentumsgarantie der Fall war?
00:21:59: Was ist das, was sich in der faktischen Gelebtheit dieses Rechts verändert hat in der Zwischenzeit?
00:22:05: Ich würde sagen, es sind sehr viele Faktoren, aber zwei, die herausstechen.
00:22:11: Das eine ist eine starke Verschiebung von Formellen zu materiellen Eingriffen in das Eigentum,
00:22:17: also das nicht mehr so stark die Transaktion eines Eigentums-Titels von einer Privatperson
00:22:23: auf die öffentliche Hand mit einer Änderung des Grundbucheintrages und allem tatsächlich
00:22:30: ein physischer Übergang der Sache im Vordergrund steht, sondern eine Ausdünnung des rechte
00:22:36: Bündels, das mit diesem Grundstück verbunden ist, also ein materieller Eingriff.
00:22:42: Das Grundstück bleibt nach wie vor in der Hand des Privaten, aber das Spektrum von,
00:22:47: was man damit tun darf, das wird verändert.
00:22:50: Diese Verschiebung von Formellen zu materiellen, das ist sicher eine der ganz markanten Verschiebungen.
00:22:55: Also zum Beispiel aufgrund von umweltschutzrechtlichen Bestimmungen oder wernplanerischen Vorgaben
00:23:00: oder solche Dinge oder was denken Sie da?
00:23:03: Genau, also es gibt wirklich ein breites Spektrum von staatlichen Tätigkeiten, von polizeirechtlichen
00:23:10: Tätigkeiten über Bau, Raumplanung, Umweltrecht, Heimatschutz, all diese Anliegen, die dazu
00:23:20: führen, dass das Spektrum von dem, was man tun darf, das Spektrum von tun dürfen, das
00:23:27: mit einem Objekt verbunden ist, in der Tendenz stark eingeschränkt wird.
00:23:32: Also diese Vorstellung von Eigentum aus die despotische Herrschaft und der Ausschluss
00:23:37: aller anderen, die hat nichts mehr mit der Realität zu tun, da kann man sagen, das
00:23:42: hat nie etwas mit der Realität zu tun, aber es gab eine Zeit, wo die Realität näher
00:23:47: an dieser Vorstellung lag.
00:23:49: Das würde ich sagen, ist der erste Aspekt und der zweite Aspekt, ist, dass viel weniger
00:23:55: ökonomischer Wert in Sachen gebunden ist.
00:23:58: Früher gab es oft Situationen, wo praktisch alles Vermögen in Sachen gebunden war, vor
00:24:06: allem in Immobilien, aber auch in Farnes.
00:24:09: Und das hat sich stark geändert.
00:24:12: Man kann heute relativ vermögend, ökonomisch relativ gut dastehend sein, ohne über Grundeigentum
00:24:18: verfügen und man kann eine relativ sichere ökonomische Situation haben, ohne über
00:24:24: viel Sacheigentum zu verfügen.
00:24:26: Und der Großteil dieser Sicherheit ergibt sich aus immatriellen Güten und ergibt sich
00:24:31: aus Ansprüchen, nicht zuletzt aus Ansprüchen gegenüber dem Staat, z.B. Rentenansprüchen
00:24:35: und Sozialversicherungsansprüchen.
00:24:37: Ich habe eine etwas kätzliche Frage.
00:24:40: Geht es hier wirklich um die Ausgestaltung der Eigentumsgarantie oder sind es nicht
00:24:45: externe Faktoren, die an die Eigentumsgarantie herantreten?
00:24:49: Faktoren, Belange wie Appen, Umweltschutz, Raumplanung usw.
00:24:54: Geht es wirklich um die Eigentumsgarantie, wie sie rechtlicher fast ist und dass diese
00:24:59: sich wirklich ändert oder sind es nicht einfach neu, diese externen Faktoren, die dahin zutreten
00:25:05: und faktisch das Recht halt etwas schmälern?
00:25:07: Also ein Grundrecht besteht ja nie ohne Kontext.
00:25:12: Das muss immer auf einen sozialen ökonomischen, ökologischen und technologischen Kontext
00:25:18: eine Antwort geben.
00:25:20: Die Pressefreiheit heißt nicht mehr Pressefreiheit, nachdem die Presse nicht mehr die einzige
00:25:25: Form der Massenverbreitung von Medien ist.
00:25:28: Darauf muss die Medienfreiheit eine Antwort finden.
00:25:31: Das heißt, die muss sich weiterentwickeln mit dem Kontext, in dem sie existiert und
00:25:36: in dem sie einen Schutz bieten muss.
00:25:37: Und das gleiche gilt auch für die Eigentumsgarantie und insofern geht es schon um eine Weiterentwicklung
00:25:42: der Eigentumsgarantie.
00:25:43: Aber es geht um eine Weiterentwicklung, die quasi von außen aufgezwungen wird, weil
00:25:51: der Kontext sich stark verändert hat.
00:25:53: Ja, wir werden also aus diesen rechtstheoretischen Feinheiten noch zu sprechen kommen.
00:25:58: Die zweite kätzliche Frage meinerseits, welche, wenn es überhaupt eine gibt, welche praktische
00:26:04: Relevanz hat es, die Eigentumsgarantie rechtlich neu erfassen zu wollen?
00:26:10: Ich habe mir diese Frage auch schon gestellt.
00:26:13: Persönlich habe ich ein bisschen Angst, dass diese wichtige Freiheitsvermitteln der Funktion,
00:26:22: die die Eigentumsgarantie in meinen Augen spielen kann, eine Rolle, die ganz wichtig
00:26:27: war in der Entstehung liberaler Demokratien, nicht vollkommen, aber in der Tendenz verlieren
00:26:35: könnte, wenn sie griffige Antworten zunehmend nur nachgeben kann auf eine Form von Kontrolle
00:26:44: über Vermögen, die im Verhältnis zu anderen tendenziell unwichtiger wird.
00:26:48: Also wenn sie quasi verhaften bleibt an diesem Prototyp des Sacheigentums, während dem die
00:26:54: ökonomische Realität sich weiterentwickelt.
00:26:57: Und meine Antwort auf die Frage der praktischen Relevanz wäre, zu sagen, es geht um die Zukunft
00:27:05: der Freiheitsautonomiesicherheitsvermitteln der Funktion der Eigentumsgarantie, dass
00:27:11: sie auf diese neue, auf die, sie nicht neue Formen, aber in der Wichtigkeit tendenziell
00:27:18: zunehmende Formen der wirtschaftlichen Kontrolle übergütige Antworten geben kann.
00:27:24: Etwas heruntergebrochen vielleicht ist sich Otto Normalbögen bewusst über die Eigentumsgarantie,
00:27:32: die in der Verfassung steht.
00:27:34: Hat er oder sie das Gefühl, sie können das benutzen, sie können das darauf zurückgreifen,
00:27:39: ist die Eigentumsgarantie zu sehr von der Realität abgehoben?
00:27:44: Ich würde sagen, diese Frage hängt davon ab, ob Otto Normal für den Grundeigentum hat.
00:27:51: Wenn Otto Normal für den Grundeigentum hat, ist er sich der Eigentumsgarantie in der
00:27:55: Tendenz sehr bewusst und ist schnell damit zu sagen, das betrifft meine Eigentumsgarantie.
00:28:02: Wenn irgendeine Form der Intervention gegenüber einem Grundstück geschehen soll, ob eine formelle,
00:28:09: ein formeller Eingriff oder ein materielle.
00:28:11: Und das zieht quasi die Frage nach sich, wie normal ist es für Otto Normal für
00:28:17: den Grundeigentum zu haben.
00:28:19: Und je stärker, dass es normal ist, kein Grundeigentum zu haben, desto stärker drängt
00:28:27: sich auch die Frage auf, müssten nicht auch andere Formen der wirtschaftlichen
00:28:31: Sicherheit und der wirtschaftlichen Autonomie erfasst sein von der Eigentumsgarantie, damit
00:28:35: sie ihre Schutzfunktion weiterhin wahrnehmen kann.
00:28:38: Einfach, dass wir da vielleicht auf dem gleichen Nennen sind, welche sind denn diese anderen
00:28:42: Formen des Nicht-Grundeigentums?
00:28:45: Zunächst könnte man sagen, dass im Materialgütterecht, also Leute, die Urheberrechte, Patente, Marken
00:28:53: haben oder Unternehmen, die das haben, das ist auch viel vom inneren Wert von Unternehmen,
00:29:02: ergibt sich nicht mehr aus dem Immobilien- und Maschinenpark zusammengerechnet, sondern
00:29:06: aus dem Wert von deren Patenten, Marken und so weiter.
00:29:11: Und da kann man sagen, gut, das heißt im Materialgütterecht und das ist aber dem
00:29:15: Gütterecht nachgebildet, deshalb heißt es ja im Materialgütterecht.
00:29:18: Das sind immaterielle Güte, die aber so behandelt werden wie Güte.
00:29:22: Und auf die, wo immer möglich diese Denke des Sachenrechtes angewendet werden kann.
00:29:27: Und deshalb könnte man da gut noch einen Schritt weitergehen und sagen, es gibt noch
00:29:35: eine ganze Reihe von weiteren Güten, die sehr wichtig sind.
00:29:40: Ich habe vorhin im Zusammenhang mit dem Migrationsrecht Marktzugangsrechte erwähnt, die im Migrationsrecht
00:29:46: sehr wichtig sind und wie wir gesehen haben, für die Frage, was in meinen wirtschaftlichen
00:29:50: Chancen im Leben absolut zentral sind, der wichtigste Indikator überhaupt und der aber
00:29:54: nicht nur im Migrationsrecht, sondern überall dort, wo das Recht Berufsbewilligung und
00:29:59: Erlaubnisse für lukrative Tätigkeiten und so weiter ausheilt eine Rolle spielt.
00:30:04: Und das sind Güte, die in der Tendenz stark wichtiger geworden sind.
00:30:09: Dann kommen Güte dazu, die der Staat direkt zutalt wie eben Renten, Sozialversicherungsansprüche
00:30:14: und so weiter.
00:30:16: Und dann ganz viele Güte, die nur dadurch einen Wert haben oder die einen Großteil
00:30:24: ihres Wertes darin haben, dass sie sich in der Einflussphäre eines einigermaßen funktionierenden
00:30:30: Gemeinwesens befinden.
00:30:32: Also eigentlich alles, was wir jetzt gesagt haben oder was wir jetzt aufgezählt haben,
00:30:37: das hängt immer von einem einigermaßen funktionierenden Gemeinwesen ab.
00:30:42: Das Grundeigentum vielleicht fast noch am wenigsten oder physische Dinge, die haben
00:30:46: auch einen gewissen Wert noch quasi im Zustand eine Anarchie, lange nicht so viel, aber immer
00:30:52: noch.
00:30:53: Aber alles andere, das hängt eigentlich in seinem Wert von einem funktionierenden Gemeinwesen
00:30:58: ab und deshalb ist quasi der sozial produzierte Anteil an dem, was man privat kontrolliert
00:31:04: in der Tendenz steigend und stellt sich die Frage, ja wie ist das denn gegenüber der
00:31:08: öffentlichen Hand geschützt?
00:31:09: Ich möchte eine kurze Anschlussfrage einfach für das Verständnis noch stellen.
00:31:14: Wir haben jetzt ganz viele verschiedene Begriffe gehört, so wie ich es jetzt herausgehört habe,
00:31:20: geht es bei der Eigentums-Garantie im Kern und nicht zuletzt auch darum, auf eine Art
00:31:25: einen ökonomischen Istzustand zu sichern von jenen, die darüber verfügen.
00:31:30: Da stelle ich mir die Frage, Sie haben vorhin auch den Begriff Freiheitsautonomie erwähnt,
00:31:38: wo stehen Menschen, die über keinen Grund Eigentum verfügen, jetzt rein ans Gedankenexperiment,
00:31:44: stehen die komplett außerhalb dieser Diskussion und geht es ihnen im Kern darum, dass es
00:31:50: weniger Eigentum im Sinne von, also dass die Bedeutung des Eigentums geschmälert wird
00:31:55: oder geht es darum, dass der Staat die Eigentums-Garantie so ausgestaltet, dass mehr Menschen Zugang
00:32:03: haben zu Güten, die unter die Eigentums-Garantie fallen.
00:32:08: Oder ist es beides?
00:32:09: Ja, ich finde das eine sehr spannende Frage und ich finde diese Ausgangsfrage, was will
00:32:13: die Eigentums-Garantie eigentlich?
00:32:14: Möchte die einen ökonomischen Status quo sichern oder möchte die möglichst vielen Menschen
00:32:20: Zugang geben zu einem eigenen Stück Welt, einem materiellen Freiheitsfaire, in dem man
00:32:28: sich entfalten kann?
00:32:30: Und ich würde darauf vielleicht ein bisschen eine zweischneidige Antwort geben.
00:32:36: Es kann gut sein, dass der Effekt der Eigentums-Garantie ist, den wirtschaftlichen Status quo
00:32:43: beizubehalten.
00:32:44: Es kann gut sein, dass die Interessen derjenigen, die die Eigentums-Garantie errungen haben,
00:32:49: darin bestanden, hatte, den Status quo zu sichern.
00:32:52: Aber die Eigentums-Garantie hat jedenfalls das Potenzial weiterzugehen als das und ich
00:32:58: finde, sie sollte auch den Anspruch haben, weiterzugehen als das und zu sagen, ihr Ziel
00:33:03: und das ist in der Institutsgarantie angelegt, sollte eben wirklich sein, materielle Güte
00:33:08: fein in der Gesellschaft zu verteilen, also eine feine Verteilung, eine starke Dezentralisierung
00:33:15: zu ermöglichen und das heißt, dass auch der überwiegende Teil der Bevölkerung Zugang
00:33:19: haben sollte zu dieser Freiheitsfäre und dass der Staat die Rahmenbedingungen dafür schaffen
00:33:25: kann, dass die jedenfalls erreichbar ist.
00:33:27: Und das wird natürlich umso schwieriger, je stärker die Eigentums-Garantie nach wie vor
00:33:33: konzeptionell, stärker auf das Grundeigentum ausgerichtet ist und Grundeigentum und andere
00:33:38: physische Dinge etwas sind, das entweder immer schwerer ringbar wird oder etwas, was immer
00:33:43: eine geringere Rolle spielt in der tatsächlichen wirtschaftlichen Situation von Menschen.
00:33:49: Aber ich sehe das so ein bisschen konfliktbehaftet oder vielleicht können Sie mir erklären,
00:33:53: dass es das nicht ist, aber wenn man wie die Eigentums-Garantie so ausweiten würde, dass
00:33:59: man quasi eine Umverteilung vornimmt, die mehr Güter, mehr Menschen zur Verfügung
00:34:06: stellen, geht es in meiner Vorstellung zumindest notwendigerweise damit ein Herd, dass das
00:34:11: Grundeigentum oder Eigentum von anderen geschmälert wird.
00:34:15: Also wie eine Ausdehnung der Garantie erfolgt die gleichzeitig auch mit einer Einschränkung
00:34:21: aus anderen Perspektiven oder muss das gar nicht notwendigerweise so sein?
00:34:26: Wie ein fixer Kuchen.
00:34:28: Genau, also das ist natürlich immer die Frage bei Verteilungsfragen, sprechen wir von einem
00:34:35: Nullsummspiel, von einem Kuchen der immer gleich groß ist oder sprechen wir von einem Kuchen
00:34:40: der Wachstumspotenzial hat.
00:34:41: Und ich würde sagen, so wie die Eigentums-Garantie den Anspruch haben sollte, möglichst vielen
00:34:47: Menschen Zugang zu dieser Möglichkeit, der wirtschaftlichen Autonomien, diese Sicherheitssphäre
00:34:54: zu geben, so sollte die Gesellschaft als Ganzes den Anspruch zu haben, dass der Kuchen wachsen
00:35:00: kann.
00:35:01: Das heißt nicht, dass es ohne Umverteilung gehen wird und die ganz vielen staatlichen
00:35:06: Tätigkeiten, die wir vorher aufgezählt haben, Umweltrecht, Raumplanungsrecht und dann vom
00:35:13: Steuerrecht haben wir noch gar nicht gesprochen.
00:35:14: Dort ist es wie offensichtlich, dass es eine Umverteilung ist, aber es ist natürlich überall
00:35:19: dort, wo der Staat eben in diese Rechtebündel eingreift.
00:35:22: Dort findet eigentlich eine Transaktion statt von Privaten zur öffentlichen Hand und diese
00:35:27: Transaktion wird in alle Regeln der einen oder anderen Form mit einer Umverteilung gerecht
00:35:33: fertig.
00:35:34: Dass es aber rechtfertigbar ist, also dass man sagen kann, es gibt hier ein überwiegendes
00:35:38: öffentliches Interesse dafür, das wird in der Regel damit plausibilisiert, dass durch
00:35:42: diese Tätigkeit eben der Kuchen insgesamt die Möglichkeit hat zu wachsen, wovon dann
00:35:48: in der Theorie jedenfalls wieder alle profitieren und dieses theoretische Ziel glaube ich nicht,
00:35:53: dass es nicht erreicht werden kann, sondern dass man diese Übung perfektionieren kann.
00:35:58: Also Sie arbeiten so viel, haben wir jetzt gehört, nicht nur mit dem Istzustand der
00:36:05: Eigentumsgarantie, sondern Sie machen sich auch Gedanken darüber, wie könnte man die
00:36:10: Eigentumsgarantie modernisieren und Sie schreiben auch, dass Ihre Überlegungen zur Eigentumsgarantie
00:36:17: dort beginnen, wo die Überlegungen des US-amerikanischen Rechts- und Sozialwissenschaftlers Charles Reich
00:36:24: ihren Abschluss finden.
00:36:26: Nun, wer war Charles Reich und weshalb war er überhaupt der Ansicht, es müsse ein neues
00:36:32: Eigentum geschaffen werden.
00:36:34: Charles Reich war zu seiner Zeit ein sehr berühmter und sehr einflussreicher, brillanter,
00:36:42: aber unkonventioneller Rechtswissenschaftler, der in den 60er Jahren geschrieben hat 1964
00:36:49: sein berühmter Aufsatz erschienen, das neue Eigentum später ein populäres Buch, ein
00:36:56: wissenschaftliches Buch über die 68er Bewegung in Amerika, d.h. The Greening of America, dadurch
00:37:02: wurde er sehr berühmt und hat dann auch andere Dinge gemacht als Wissenschaft.
00:37:07: Aber mich interessiert natürlich vor allem seine wissenschaftliche Tätigkeit und dabei
00:37:13: vor allem diese Idee des neuen Eigentums.
00:37:17: Und Charles Reich geht eigentlich aus von dieser Idee eines Einstmals, sehr im Hintergrund
00:37:29: sich befinden, ein Staates, bei dem eben die Wichtigkeit von physischem Eigentum sehr
00:37:35: wichtig war und dass das eigentlich in Ruhe gelassen werde und einem Staat, der dann
00:37:40: immer wichtiger und immer interventionistischer wurde und dabei immer mehr Aspekte der materiellen
00:37:48: Sicherheit von Menschen kontrolliert hat und kontrollieren konnte.
00:37:51: Und er geht aus von der Annahme, dass jemandes materielle Situation kontrollieren zu können
00:37:58: bedeutet jemandes Freiheit kontrollieren zu können und er sagt dann, wenn wir also diese
00:38:04: freiheitsvermittelende Funktion der Eigentumsgarantie aufrecht erhalten wollen für die Gesellschaft,
00:38:11: in der wir leben, dann müssen wir Mittel und Wege finden, diese materiellen Aspekte
00:38:15: der Staat kontrolliert der Eigentumsgarantie zu unterstellen und das hatte in einer ersten
00:38:22: Phase nach der Veröffentlichung, hatte das einen großen Einfluss ausgeübt auf die
00:38:27: Rechtsgericht auf die Rechtsprechung des US Supreme Courts.
00:38:30: In den USA ist die Eigentumsgarantie noch viel stärker für Fahrends rechtlich orientiert
00:38:37: und ist im Wesentlichen eine Garantie eines fairen Verfahrens und dass diese Verfahrensgarantien
00:38:45: dann zum Beispiel auch auf den Entzug von Sozialleistungen durch den Staat angewandt wurden für eine Zeit
00:38:51: lang.
00:38:52: Das war eine direkte Folge von Charles Reichs Idee von einem neuen Eigentum.
00:38:58: Sie arbeiten in ihrer Habilitation ja unter anderem auch mit einer Geschichte der sogenannten
00:39:04: Witwe zu Zera von August Gottlieb Meisne.
00:39:08: Welche Bedeutung hat diese Geschichte der Witwe für die Veranschaulichung des Eigentums
00:39:14: und auch seiner Ablösung von der physischen Sache?
00:39:17: Also die Geschichte geht so, die Witwe zu Zera hat einen Hof geerbt und der Kalif, der möchte
00:39:25: auf diesem Grundstück einen Lustschloss bauen und dann bietet er diese Witwe eine Entschädigung
00:39:31: an und als sie nicht bereit ist die Entschädigung zu nehmen, enteignet er das Grundstück entschädigungslos.
00:39:38: Und dann hört ein Vertrauter des Kalifens, hört vom Schicksal, diese Witwe und beschließt
00:39:43: ihr zu helfen und bietet dann den Kalifen auf diesem Grundstück einen Sack mit Erde zu füllen
00:39:50: und diesen Sack dann zum Abtransport auf einen Esel zu heben.
00:39:53: Und dann ist der Sack zu schwer für den Kalifen und dann sagt ihm diese Vertraute quasi,
00:39:57: also wenn schon dieser Sack voll Erde ihnen zu schwer ist, wie schwer es wiegt, denn das
00:40:04: ganze Grundstück auf ihrer Schul, wenn sie der Reidendst quasi vor Gott treten müssen
00:40:08: und dieses Gleichnis führt dann dazu, dass der Kalif das Grundstück erschrocken zurückerstattet.
00:40:15: Und das Interessante an diesem rhetorischen Trick der Vertraute des Kalifens hier anwendet,
00:40:22: ist, dass er das Gewicht des Eigentums versucht zu veranschaulichen im Gewicht des Objektes,
00:40:29: auf das sich das Eigentum bezieht.
00:40:31: Er tut so, sei etwas das physisch besonders schwer, ist auch besonders gewichtig als Eigentum.
00:40:39: Und was da passiert, ist, dass das Konzept von Eigentum und das Objekt auf das Eigentum
00:40:44: sich bezieht miteinander vermischt werden.
00:40:48: Und das ist etwas, was wir ganz oft tun, wenn wir über Eigentum nachdenken, wenn wir in
00:40:52: der Alltagssprache über Eigentum sprechen, damit sieht sich das in aller Regel auf eine
00:40:57: Sache, die gewisse physische Eigenschaften hat, zum Beispiel an Gewicht oder andere materielle
00:41:02: Eigenschaften.
00:41:03: Und wenn wir in der Rechtswissenschaft von Eigentum reden, dann sprechen wir, oder sollten
00:41:08: wir jedenfalls uns passiert, diese Verwechslung eben auch oft über Eigentum als Rechtsverhältnis
00:41:16: und sprechen, dass ein Verhältnis ist, dass sich mindestens ebenso stark im Verhältnis
00:41:23: zu anderen Personen als im Verhältnis auf eine Sache manifestiert.
00:41:27: Also da zählt ich noch die Anschlussfrage.
00:41:30: Sie behandeln oft auch diesen Unterschied zwischen Eigentum als Objekt und als Konzept
00:41:36: und dabei scheinen auch der Eigentumsbegriff, Unterschieden vom Eigentumsinhalt wesentlich
00:41:43: zu sein.
00:41:44: Also wie muss man das jetzt genau verstehen?
00:41:46: Also das Eigentumsobjekt ist nicht dekungsgleich mit dem Eigentumskonzept oder wie ist dieser
00:41:53: Unterschied zu verstehen?
00:41:54: Ja, das sind zwar fürwante Probleme, aber nicht ganz gleichgelagertes Konzept und das
00:42:00: Objekt von Eigentum und der Eigentumsinhalt und der Eigentumsbegriff.
00:42:03: Das ist eine Diskussion, die vor allem im Privatrecht, im Sachenrecht eine Rolle spielt
00:42:08: und dort ist diese Vorstellung, man kann das Eigentum unterteilen in einen Eigentumsbegriff
00:42:14: und der ist absolut, das ist die unumschränkte Sachherrschaft und da gibt es einen Eigentumsinhalt
00:42:21: und der ist an dem Gegenüber stark reduziert.
00:42:24: Das ist eine sehr vorherrschende Vorstellung.
00:42:27: Ich persönlich verstehe nicht genau weshalb dieser Eigentumsbegriff so wichtig ist, quasi
00:42:32: dieser archimädische Punkt, der nie erreicht werden kann und nie erfüllt werden kann einer
00:42:37: unumschränkten Herrschaftsmacht, aber es ist rhetorisch und wahrscheinlich auch didaktisch
00:42:42: sehr wichtig diesen Fluchtpunkt zu haben, einer privaten Souveränität und der Ausschluss
00:42:51: aller anderen, eine despotische Herrschaft über eine Sache.
00:42:55: Und das ist ein sehr in der Eigentumsliteratur, auch in der öffentlich-rechtlichen ist das
00:43:00: ein sehr beliebter didaktischer Trick sozusagen.
00:43:03: Wir beginnen jetzt mal bei dieser, wird dann oft dargestellt, naive Vorstellung von Eigentum
00:43:08: als unumschränkte Sachherrschaft und von dort schichten wir ab von diesem Begriff, schichten
00:43:13: wir quasi ab zur Eigentumsrealität und zum Eigentumsinhalt.
00:43:18: Und ein etwas, ein verwandtes Problem ist dieses Problem, was ist das Objekt von Eigentum
00:43:24: und was ist das Konzept von Eigentum und Eigentumsobjekte, das können Güte sein,
00:43:29: materielle oder immaterielle, wie das Grundstück im Beispiel Wittwe Tzuzehrer und das Eigentumskonzept,
00:43:37: das muss aber etwas abstraktes sein, das beschreiben kann, was das Eigentum ist und
00:43:44: da stellt sich die Frage, wie stark kann dieses Konzept abgelöst werden von Objekten,
00:43:50: In diesem Video gibt es noch viel zu wissen, was ich hier denke und was ich hier finde.
00:44:18: in diesem gedachtem Dreiecks-Verhältnis zwischen der Person, der Eigentümerin, einem Objekt
00:43:56: und dem Rest der Welt. Wo ist hier die Wichtigkeit dieses Objektes? Ist Eigentum etwas, was sich
00:44:03: in erster Linie im Verhältnis zum Rest der Welt, unter anderem zum Staat zeigt oder etwas,
00:44:08: was sich in erster Linie auf das Objekt bezieht? Und mein Eindruck ist, dass jedenfalls in
00:44:15: der Eigentumsgarantie im öffentlichen Recht, dass wir weiterkämen, wenn wir das Eigentum
00:44:20: stärker als eine Beziehung zu anderen verstehen würden, wenn wir das Eigentum stärker als eine
00:44:26: Reihe von erlaubten Beeinträchtigungen von anderen verstehen würden, als eine Beziehung
00:44:32: zu einem Objekt. Und das bedeutet aber eine abstrakter und technischer Art, über Eigentum
00:44:37: zu reden, als in dieser Fabel, in der Eigentum in erster Linie eine Beziehung zu einer Sache
00:44:45: ist. Aber wenn jetzt das Eigentumskonzept an sich losgelöst oder stärker losgelöst
00:44:52: wäre von Eigentums Objekt, inwiefern beläuft sich dann die Diskussion über ein Eigentumskonzept
00:44:59: nicht lediglich auf die Frage, wer welche Rechte hat? Ja, das ist die spannende Frage.
00:45:06: Also wenn man das Eigentum so versucht zu beschreiben, dann ergibt sich daraus ganz
00:45:12: richtig das Folgeproblem. Also wie grenzt man denn jetzt dieses rechte Bündel, mit dem
00:45:18: wir Eigentum beschreiben, ab von anderen Rechtsbeziehungen? Was ist die bestimmte Qualität, die herausgehobene
00:45:27: Qualität, die Eigentum nach wie vor ausmacht und die auch ein eigenes Grundrecht mit diesem
00:45:33: Alleinstellungswerkmal der Wertgarantie rechtfertigt? Das ist dann quasi das Folgeproblem. Und da
00:45:40: ist es vielleicht sinnvoll, zunächst einmal zu sagen, vielleicht müssen wir das gar nicht,
00:45:45: vielleicht ist das sinnvoll Eigentum im Sinne des öffentlichen Rechts, im Sinne der Eigentumsgarantie,
00:45:50: als die Gesamtheit der Vermögenswerten Rechte anzusehen. Das gibt dann wieder Folgeprobleme,
00:45:57: wie ist das praktikabel, dann ist ja jede Form von staatlicher Tätigkeit, ist gleichzeitig
00:46:02: auch in irgendeiner Form ein Eingriff ins Eigentum. Wie gehen wir dann mit der Wertgarantie
00:46:08: um? Auf die andere Seite ist es wahrscheinlich nicht möglich, eine Solbruchstelle zu finden,
00:46:15: in diesem Spektrum von Handlungsrechten, die sagen, also die Handlungsrechte hier, die haben eine
00:46:20: andere Qualität, die können wir Eigentum zurechnen und dieser hier, die nicht. Diesen
00:46:25: qualitativen Unterschied festzumachen, den gibt es wahrscheinlich nicht mehr in dem Moment, wo
00:46:31: man das Eigentum von der Sache lösen muss. Da sind ungemein viele spannende Fragen versteckt,
00:46:37: auf einige werden wir noch zu sprechen kommen. Erst einmal möchte ich zurückkommen auf diese
00:46:43: Emanzipierung des Eigentums von der Sache. Sie schreiben, dass es da verschiedene ökonomische,
00:46:48: technologische und sozialen Rahmenbedingungen veranlasst haben, dass sich das Eigentum von
00:46:54: der physischen Sache ablöst. Was sind das für Rahmenbedingungen oder Faktoren, die das verändert
00:47:01: hatten? Das entstehen von Märkten, Märkten für Land, Märkte für Arbeit, die es lange so nicht
00:47:10: gegeben hat, lange war Land ein Gut, das enorm schwierig zu übertragen war und es gab gesellschaftliche
00:47:19: Entwicklungen, die eine Nachfrage für einen Markt für Land und einen Markt für Arbeit generiert haben
00:47:27: und es gab eine juristische Entwicklung, die das ermöglicht hat. Das braucht ja dann immer einen
00:47:31: juristischen Rahmen und das hat diese Güte quasi mobilisiert und wahrscheinlich ist wichtig so,
00:47:40: die Entstehung des Kapitalismus nicht im PrivatEigentum festzumachen, sondern in der
00:47:45: Entstehung der Mobilisierung von diesem PrivatEigentum in der Möglichkeit das zu übertragen
00:47:50: und der Möglichkeit dafür dann Kapital aufzunehmen und das in Wertpapieren weiterzumobilisieren,
00:47:59: die abgesichert sind durch diese Güte. Das ist quasi die ökonomische und die juristische
00:48:05: Entwicklung und beide sind natürlich getrieben von einer technologischen Entwicklung, zum Beispiel
00:48:10: von der Industrialisierung, die einen Bedürfnis für solche Märkte geschaffen hat und die in ihrem
00:48:19: weiteren Fortschritt die Transaktion von Güten in der Tendenz stark weiter vereinfacht hat und
00:48:27: viel kurzfristigere Transaktionen und Transaktionen über viel längere geografische Distanzen
00:48:33: ermöglicht hat und deshalb diese Mobilisierung von Eigentum stark vorangetrieben hat.
00:48:38: Ist das denn nicht nur eine, sage ich jetzt mal, Verkomplizierung der Eigentumsverhältnisse
00:48:45: als eine Ablösung von der physischen Sache? Ja, das ist eine interessante Frage. Also man kann
00:48:51: sich fragen, liegt nicht ultimativ der Wert, die innere Substanz von Wertpapieren, von Derivaten,
00:48:57: von Erwartungswerten, von Unternehmen, von Rentenansprüchen im Wert von Immobilien? Und das kann
00:49:06: sogar sein, dass es letztlich diese Rückkoppelung braucht und dass die unentrennbar ist. Aber die
00:49:14: Dinge, in denen unsere ökonomische Sicherheit angelegt ist, bleiben trotzdem von Anteile und
00:49:21: Wertpapiere und Rentenansprüche deren Sicherung vom Wert von Wertpapieren abhängt und nur sehr
00:49:27: mittelbar vom Wert von Grundstücken und von den Handlungsmöglichkeiten, die mit diesen Grundstücken
00:49:32: verbunden sind. Und es braucht deshalb trotzdem eine Möglichkeit, diese Derivate im weitesten
00:49:39: Sinne irgendwie in Betracht zu ziehen in der Gestaltung des Schutzbereichs der Eigentumsgarantie.
00:49:44: Jetzt eine Anschlussfrage daran. Sie haben auch vom Kapitalismus und von Märkten gesprochen.
00:49:52: Da stelle ich mir ganz im Allgemeinen die Frage, wie fest wird eigentlich die Eigentumsgarantie
00:49:59: überhaupt vom Staat konstituiert und beeinflusst? Oder inwiefern wird sie vielmehr eben durch
00:50:07: ökonomische Faktoren durch den Markt geprägt? Ich denke da auch zum Beispiel an moderne Phänomene,
00:50:16: wie dass es beispielsweise in Games möglich ist mittlerweile Land zu erwerben, Eigentum zu
00:50:22: erwerben, das völlig außerhalb unserer Rechtsordnung steht in dem Sinne und in diesem Zusammenhang
00:50:30: wird ja insbesondere bei der Eigentumsgarantie auch immer wieder die staatsgewaltsfreies Fähre
00:50:36: betont. Also wie hängen diese Aspekte zusammen inwiefern nimmt der Markt eine vorrangige
00:50:44: Stellung ein und wie viel liegt bei der Eigentumsgarantie überhaupt beim Staat?
00:50:50: Das ist eine so schwierige Frage, dass es schwierig ist einen guten Einstieg in die Antwort zu finden,
00:50:57: aber ich würde sagen ja natürlich werden Eigentumsverhältnisse oder man kann auch sein
00:51:03: Kapitalverhältnisse, die Münzung von Kapital, die Herstellung von Kapital wird im Wesentlichen
00:51:10: in der privaten Sphäre betrieben. Zu einem Großteil ist das, was Anwaltskanzleien tun,
00:51:18: sie sicheren ökonomische Werte in eine Form ab, wie Eigentum funktioniert,
00:51:27: wie Eigentum ist oder Eigentum nahe kommt in seinen ökonomischen Funktionen,
00:51:33: auf Nachfrage von ihren Klienten und sie entwerfen Vertragsverhältnisse und Errauchments
00:51:38: für den Konkurs und so weiter, die wirtschaftliche Güte erlauben als Eigentum oder wie Eigentum
00:51:45: zu behandeln. Das ist nicht eine sehr neue Entwicklung, das ist immer die Innovation gewesen
00:51:51: von neuen Vertragsverhältnissen, neuen Formen von Gesellschaften und das hat immer auch
00:51:57: stark eine antwortende Funktion auf die technologischen Möglichkeiten, also technologische Möglichkeiten,
00:52:02: die einen Bedürfnis nach großer Kapitalakumulation geben, haben zu neuen Gesellschaftsformen
00:52:08: geführt und so weiter und die Frage, mit der wir jetzt im Moment konfrontiert sind, ist
00:52:13: natürlich, was ist die neue Qualität, die die Digitalisierung hier bietet und ich würde
00:52:21: sagen, die Digitalisierung hat mindestens drei grundlegende Aspekte, die hier wichtig
00:52:29: sind. Das eine ist, dass sie ein Transaktionskostensänker ist, das heißt, dass sie die Übertragung
00:52:35: von Eigentum eben auch über große geografische Distanzen enorm erleichtert und deshalb die
00:52:43: Anbindung von Eigentum an einen spezifischen Rechtsraum und damit die Handlungsmacht von
00:52:48: Staaten im Steuerrecht, im Strafrecht und so weiter in der Tendenz stark reduziert. Das
00:52:55: zweite ist, dass sie eben ganz entkörperliche Räume schaffen kann und in diesen Räumen
00:53:01: auch Eigentumsverhältnisse herstellen kann. Das ist etwas meta ganz aggressiv, versucht
00:53:07: zu tun, also quasi eine Metawelt zu erstellen mit ihren jeweils eigenen Eigentumsverhältnissen
00:53:14: etc. und die Anmaßung dabei ist natürlich, es gibt dann da auch eine Art Metastart, das
00:53:19: ein Unternehmen ist. Und die dritte Ebene, die vielleicht die radikalste ist und die
00:53:26: stark mit der Faszination für Blockchain zusammenhängt, denke ich, ist diese Vorstellung, dass durch
00:53:32: Technologie wie quasi die letzte Bastion der Staatlichkeit, die das Vollziehen von Vertragsverhältnissen,
00:53:41: die Absicherung von Vertragsverhältnissen quasi technologisch ersetzt werden kann.
00:53:47: Durch eine Technologie, die die Nachtwächtefunktion, die innere Funktion des Staates zu ersetzen.
00:53:55: Darin liegt ein Großteil der Faszination für diese Technologien und ja, wahrscheinlich
00:54:02: ist es deshalb so, dass immer stärker, ohne dass das ein neues Phänomen ist, immer stärker
00:54:09: wirtschaftliche Verhältnisse an die Eigentumsgarantie herangetragen werden, von der A die Eigentumsgarantie
00:54:15: beantworten muss. Wie schützen wir das jetzt als Eigentum und B die Frage sich stellt,
00:54:22: braucht es hier den Staat überhaupt noch um die zu schützen?
00:54:24: Ein Kernproblem bei der Eigentumsgarantie scheint zu sein, dass das Schutzbereich,
00:54:31: das sachliche Schutzbereich, kaum genügend definiert werden kann. Zunächst hier einmal
00:54:36: die Frage, was ist überhaupt ein grundrechtlicher Schutzbereich, was wird damit bezweckt und
00:54:42: ist er bei der Eigentumsgarantie vorwiegend positiv ausformuliert, also ein Recht zu negativ,
00:54:50: also ein Recht sich vor Eingriffen zu schützen oder in beiden Sinnen?
00:54:54: Also das gilt vor allem für die sogenannten Freiheitsrechte. Nicht alle Grundrechte sind
00:55:00: Freiheitsrechte, die klassischen Grundrechte, die Religionsfreiheit, die Meinungsfreiheit
00:55:05: und eben die Eigentumsgarantie, die oft auch Eigentumsfreiheit genannt wird, das sind
00:55:10: so klassische Freiheitsrechte. Und hier ist so sehr stark die Idee eines Fähren, man
00:55:15: kann sich so eine Diskiz eines Kreises vorstellen, der quasi eine Außengrenze hat und dann einen
00:55:20: äußeren Bereich und einen inneren Bereich und einen Kernbereich. Und da gibt es wie in
00:55:24: der Vorstellung einen Moment, wo der Staat in diesen Kreis eindringt und dann immer
00:55:30: weiter eindringt, bis er quasi an die härte Grenze dieses Kernbereiches stößt, wo er
00:55:34: dann nicht mehr weitergehen darf und bis dahin darf er eingreifen, wenn gewisse Voraussetzungen
00:55:40: erfüllt sind. Und das heißt, wir haben hier quasi eine geografische Vorstellung von einem
00:55:46: Schutzbereich und da kann man sich natürlich schon fragen, ist das überhaupt eine sinnvolle
00:55:51: Vorstellung oder leichtet die das Verständnis oder ist es schwer, die das Verständnis von
00:55:56: dem, worum es hier geht. Aber das ist ein sehr etabliertes Verständnis und es ist auch
00:56:01: sehr schwierig, sich von dieser geografischen, dieser räumlichen Metaphersprache zu etablieren.
00:56:08: Also da fällt man immer wieder zurück hinein in diese Sprache, obwohl sie etwa bei der,
00:56:16: unter anderem bei der Eigentumsgarantie klar an ihre Grenzen stößt. Und dann stellt sich
00:56:22: die Frage, also erstens ist das immer schwierig zu sagen, wird der Staat handelt, besonders
00:56:28: wenn er gesetzgeberisch handelt, wird dieser Kreis jetzt neu vermessen, neu gezeichnet quasi
00:56:34: oder greift er in diesen Kreis hinein ein. Das ist eine Frage, die immer schwierig zu
00:56:38: beantworten ist und die oft auch von den Gerichten nicht sauber beantwortet wird. Dass immer ein
00:56:43: bisschen unklar ist, was ist denn jetzt hier eigentlich die genaue Tätigkeit? Und dann stellt
00:56:50: sich die Frage, was ist in diesem Kreis drin, wird das positiv oder negativ formuliert? Und
00:56:56: das ist jetzt interessant, dass sie gefragt haben, ob das in der Regel quasi als ein Spektrum
00:57:02: von erlaubten Handlungen dargestellt wird. Und die interessante Weise wird die Eigentumsgarantie
00:57:08: im Unterschied zu anderen Freiheitsrechten typischerweise nicht als ein Spektrum von erlaubten Handlungen,
00:57:13: sondern als ein Spektrum von geschützten Objekten formuliert. Also es geht um das
00:57:18: haben und nicht um das tun dürfen. Und das ist vielleicht die interessante Umkehrung,
00:57:23: die man vornehmen müsste an stärkeren, über das tun dürfen und weniger über das haben sprechen.
00:57:27: Aber die übliche Art, den Schutzbereich der Eigentumsgarantie zu bezeichnen, ist mit
00:57:33: dem vermeintlich sicheren Sockel des privatrechtlichen Sacheigentums zu beginnen und darauf dann
00:57:39: die schwierigen Aspekte aufzustapeln quasi, sagen wir mal, das private Sacheigentum plus
00:57:46: alle obligatorischen Rechte, plus beschränkte dingliche Rechte und gewisse Rechte, gewisse
00:57:52: für mögensrechtliche Rechte gegenüber dem Staat. So wird der Schutzbereich quasi umschrieben.
00:57:57: Da ist an Genauheit jetzt noch nicht viel gewonnen, weil die Frage, was heißt jetzt diese gewisse Rechte,
00:58:02: was ist da genau damit gemeint. Und es entsteht diese, diese verführerische Illusion von Klarheit,
00:58:13: weil so getan wird, als sei das Sacheigentum etwas, das in seinem Umfang klar ist, was dann
00:58:20: im konkreten Anwendungsfall überhaupt nicht zwingend der Fall ist. Und es entsteht diese fatale Nähe
00:58:27: oder diese fatale konzeptionelle Ausgangspunkte, unentrinnbar ist für die Eigentumsgarantie
00:58:33: des Sacheigentums. Ja gut, ein weiteres Problem scheint zu sein, dass die Eigentumsgarantie
00:58:41: eng an den privatrechtlichen Begriff des Eigentums anknüpft. Sie und auch andere Autor*innen
00:58:48: kritisieren das zumindest. Weshalb und in welchem Sinne ist diese Verknüpfung problematisch?
00:58:54: Also es geht überhaupt nicht darum, in Frage zu stellen, ob auch das
00:58:59: privatrechtliche Sacheigentum in den Schutzbereich der Eigentumsgarantie fallen sollte. Die Frage ist,
00:59:07: ob es klug ist, den Schutzbereich der Eigentumsgarantie von diesem Spezialfall aus zu entwickeln,
00:59:16: weil die Vorstellung dieses Spezialfalls dann die Vorstellung der ganzen Eigentumsgarantie prägt
00:59:22: und damit eben viele Dinge nicht sichtbar sind und nicht möglich sind, viele Güter nicht richtig
00:59:29: passen wollen in diesen Schutzbereich und bei vielen Formen der staatlichen Intervention
00:59:36: zu wenig klar wird, dass hier eine Transaktion stattfindet zwischen privaten und der öffentlichen Hand.
00:59:45: Diese Anbindung des Eigentumsbegriffs, entweder diese Orientierung des Eigentumsbegriffs,
00:59:52: entweder am öffentlichen Recht oder am privatrecht, da gibt es offenbar keine klare Antwort darauf.
00:59:59: Also sie schreiben, dass sowohl eine neue Anbindung als auch eine vollkommene
01:00:03: Verselbstständigung nicht die Lösung sind. Warum?
01:00:06: Genau, so kann man sich vielleicht als Spektrum vorstellen, auf der einen Seite ein sehr engen
01:00:12: Eigentumsbegriff, das sich sehr eng am Sacheigentum orientiert und nur noch wenige andere Dinge
01:00:18: als das Sacheigentum, zum Beispiel auch das Immaterialgüterrecht, das eben auch dem
01:00:22: Sacheigentum nachgebildet ist, mit in den Schutzbereich nimmt und auf der anderen Seite
01:00:27: ein Eigentum, das sehr weit gefasst ist und das eben das gesamte Vermögen oder die Summe
01:00:34: aller Vermögenswerten Rechte einer Person umfasst und das eine ist klar zu eng gemessen
01:00:41: an den wirtschaftlichen Realitäten, weil eben relativ ein, ich würde es nicht sagen,
01:00:46: ein kleiner Anteil, aber ein sinkender Anteil von ökonomischem Wert in Sachen gebunden ist
01:00:50: und der andere wirft jedenfalls Praktikabilitätsprobleme auf, weil es fast kein Staatshandeln gibt,
01:00:58: das nicht in der einen oder anderen Form Vermögens einwussten bewirkt bei den einen oder anderen
01:01:06: und dann verschiebt man die Frage vom Schutzbereich des Eigentums einfach auf die Frage nach den
01:01:13: Eingriffsvoraussetzungen und vor allem auf die Frage ab wann und wo und unter welchen Verhältnissen
01:01:20: greift denn jetzt die Wertgarantie, bei der man also diesen Eingriff entschädigen muss und damit
01:01:25: ist noch nicht besonders viel gewonnen, jetzt vom juristischen Handwerk von der juristischen
01:01:29: Praktikabilität her gedacht. Ich frage mich da gerade, ist es wirklich diese nahe Anbindung
01:01:36: am Privatrecht, der das Problem ist, weil das Privatrecht in seiner Entwicklung ist ja,
01:01:41: sage ich jetzt mal, etwas noiv recht dynamisch und kann und tut es auch relativ schnell auf
01:01:47: neue Verhältnisse und neue technologische Entwicklungen reagieren. Meine Frage ist,
01:01:53: ist es nicht im Kern ein Problem, dass diese Zunahne-Identifizierung mit dem Grundeigentum
01:01:59: und nicht eigentlich der Zuhängerblick des Privatrechts? Es geht um die Sache, es geht um die
01:02:04: Anbindung an die Sache, unter denen Immobilien die wichtigsten Sachen sind, aber diese Vorstellung,
01:02:09: dass Eigentum eine Beziehung zu einem Objekt ist, die uns Probleme bereitet und es geht gar nicht
01:02:15: darum, die Wichtigkeit dieser Beziehung zu einem Objekt im engeren Bereich des Sacheigentums zu
01:02:20: leugnen, sondern es geht darum zu fragen, wie garantieren wir Formen der wirtschaftlichen
01:02:26: Kontrolle über Güter gegenüber dem Staat auch dort, wo diese enge Beziehung zu einem Objekt
01:02:31: keine Rolle spielt. Aber es geht um das Sachenrecht oder um die dominante Stellung des
01:02:38: Sachenrechts, nicht des Privatrechts an sich. Diese Idee der physischen Verfügbarkeit über ein
01:02:45: Ding. Eine weitere Schwierigkeit mit Blick auf den Schutzbereich besteht in Zusammenhang mit
01:02:54: dem Begriffen des subjektiven Rechte, der wohleworbenen Rechte, so wie der faktischen Interessen. Was
01:03:00: versteht man eigentlich unter diesen Begriffen gerade jetzt mit Blick auf die Eigentumsgarantie?
01:03:05: Ja, das sind alle samt dornenvolle und schwierige Begriffe, die eine wechselhafte Geschichte haben,
01:03:14: die in verschiedenen Kontexten unterschiedliche Dinge bedeuten und die keine stabile Bedeutung
01:03:21: über die Zeit gesehen haben. Aber im Kern geht es um diese Frage, wie schützen wir Aspekte der
01:03:32: materiellen Stellung von Menschen gegenüber dem Staat herausgehoben, so dass sie durch die
01:03:38: Eigentumsgarantie geschützt werden können. Und da ist diese Vorstellung, es gibt diese
01:03:43: wohlerworbenen Rechte, die das sind zwar vermögenswerte Interessen gegenüber dem Staat, aber die
01:03:50: können nur unter voller Enttätigung entzogen werden und es gibt verschiedene Herkunftsstränge,
01:03:57: diese wohlerworbenen Rechte und es ist unklar, ob sie in erster Linie sich aus der Eigentumsgarantie
01:04:04: oder aus dem Schutz von Treu und Glauben ergeben. Was man sicher sagen kann, ist, dass wohlerworbene
01:04:11: Rechte ein Konzept sind, das sich auf dem Rückzug befindet, also dass es immer eine
01:04:17: stärkere Tendenz gibt, zu sagen, es gibt nicht Güte, die dem Zugriff des Staates ganz oder auf
01:04:23: alle Zeit entzogen sind oder die rechtsänderungsbeständig sind, die öffentliche Hand muss
01:04:30: öffentliche Verhältnisse gestalten dürfen, es darf keine Staatsgewalt veräußert werden und deshalb
01:04:37: sind diese wohlerworbenen Rechte ein Konzept, das sich auf dem Rückzug befindet, auch wenn es
01:04:43: verschiedene Typen davon gibt. Und das stellt dann die Frage, was ist mit subjektiven Rechten,
01:04:50: die beiden werden oft als synonym zueinander verwendet und das Problem ist ein bisschen,
01:04:57: dass der Begriff der wohlerworbenen Rechte zu eng ist für die Eigentumsgarantie, wenn er nur noch
01:05:03: diese immer schon bestehenden ehedämen Rechte und so weiter, die rechtsänderungsbeständigen
01:05:11: Rechte schützt und der Begriff der subjektiven Rechte aber wiederum alle für mögenswerten
01:05:16: Interessen umfasst, jedenfalls dann, wenn der Begriff anders verwendet wird, also ein synonym für
01:05:21: wohlerworbene Rechte und dann haben wir einen Begriff, der zu weit ist und einen Begriff,
01:05:24: der zu eng ist, um beschreiben zu können, welche Rechte denn jetzt gegenüber dem Staat in den
01:05:32: Schutzbereich der Eigentumsgarantie fallen und das Ganze wird noch für kompliziert durch das
01:05:36: Problem der faktischen Interessen. Viele, viele Vermögensverhältnisse zwischen einzelnen und
01:05:45: dem Staat bestehen im Wesentlichen aus Interessen. Beispiel, ich habe eine Tankstelle und diese Tankstelle
01:05:53: ist ihr Geld nicht wert, wenn sie an einer Straße liegt, die mit einem Fahrverbot belegt wird. Also
01:05:58: habe ich ein faktisches Interesse gegenüber dem Staat, dass diese Straße nicht mit einem Fahrverbot
01:06:03: belegt. Und jetzt ist die Frage, fällt dieses faktische Interesse in den Schutzbereich der
01:06:08: Eigentumsgarantie? Das Problem dabei ist, wenn es das tut, dann hört es ja auf, ein faktisches
01:06:14: Interesse zu sein, weil dann wird es ein recht, ein subjektives Recht und deshalb beißt sich da
01:06:20: die Katze in den Schwanz. Man kann nicht faktische Interessen haben, ohne dass die in den Schutzbereich
01:06:25: fallen, ohne dass sie zu rechten werden und deshalb sind wir hier wieder konfrontiert mit dieser
01:06:35: Schwierigkeit den Schutzbereich gegenüber dem Staat so abzuzyklen, dass er praktisch kabel wird
01:06:43: und trotzdem sind so viele von unseren materiellen Verhältnissen durch den Staat Determiniert,
01:06:49: dass es nicht sein kann, dass diese Interessen überhaupt keine Rolle spielen im Schutzbereich
01:06:55: der Eigentumsgarantie. Das ist so, dass ich die Knacknuss mit der ich konfrontiert bin.
01:06:59: Ist das denn nicht ein gleichgelagetes Problem, wie bei anderen Grundrechten, nämlich wie groß
01:07:06: sollte der Schutzbereich weit sein oder eher eng? Im einen Fall ist halt der Staat eher recht
01:07:13: fertigungsbedürftig. Ist die Diskussion eigentlich nicht dieselbe im Kern? In dieser Absurrechnung betrifft
01:07:20: das alle Grundrechte jedenfalls alle Freiheitsrechte, die von diesem Bild eine kreisförmigensphäre mit
01:07:26: einem inneren Bereich ausgehen und das tatsächlich die Frage ist der Kreis großgezeichnet und dann
01:07:32: dafür in der Tendenz die Eingriffsvoraussetzungen tief oder ist er eng gezeichnet und dann dafür
01:07:38: in der Tendenz die Eingriffsvoraussetzungen hoch. Aber in diesem speziellen Problem, dass der Staat
01:07:45: sehr viele von unseren materiellen Verhältnissen Determiniert und deshalb gewisse Ansprüche
01:07:50: gegenüber dem Staat in den Schutzbereich der Eigentumsgarantie fallen müssen,
01:07:55: ohne dass es praktikabel erscheint, alle Vermögenswerkeninteressen in diesen Schutzbereich zu
01:08:01: nehmen, das scheint mir in dieser Form ein spezifisches Problem der Eigentumsgarantie
01:08:07: an Aktualität oder an Relevanz gewinnt durch die Wertgarantie, dieses Heraushebungsmerkmal
01:08:16: der Eigentumsgarantie und das zu einer praktisch besonders relevanten Frage macht, wie ziehen wir
01:08:22: hier die Grenze? Jetzt sind Zusammenhang mit der Eigentumsgarantie ist oft auch die Sprache
01:08:28: von sogenannten rechten Bündner, respektive der Bundeltheory of Property Rights. Was hat es damit
01:08:35: konkret auf sich? Was besagt diese Theorie? Die erste Frage ist einmal, handelt es sich um eine
01:08:44: Theorie. In der Literatur, in der Deutschsprachlinitratur, besonders zur Eigentumsgarantie, zum
01:08:50: Teil auch zum Eigentum im befadrechtlichen Sinne, begegnet einem immer wieder dieser Idee, ohne dass
01:08:56: die Klar-Explizit formuliert ist eines Bündels von Rechten. Und da stellt sich dann immer die Frage,
01:09:03: ist das Eigentum jetzt eine Beziehung zu einem Objekt oder ist es ein Spektrum von Handlungsrechten
01:09:10: gegenüber Dritten und Randtum gegenüber dem Staat? Also es läuft wieder zurück auf diese Frage,
01:09:15: ist Eigentum ein Haben oder ist Eigentum ein Tun dürfen? Und die Theorie der rechte Bündel würde
01:09:24: sagen, es ist ein Spektrum von Tun dürfen und wir verstehen vielmehr vom Eigentum und überhaupt
01:09:30: von materiellen Verhältnissen in der Gesellschaft, wenn wir, wenn wir kontrollen über wirtschaftliche
01:09:37: Güte, nicht verstehen als Beziehungen zu Güten, sondern als ein, nicht als ein Haben von Güten,
01:09:45: sondern als ein Spektrum von Tun dürfen gegenüber Dritten, unter anderem gegenüber dem Staat. Und
01:09:52: meine Ausgangsthese ist, dass vieles in der Eigentumsgarantie klarer und einfacher verständlich
01:10:00: wird, wenn man konsequent und explizit sagt, es geht hier um ein rechte Bündel und was bei jeder
01:10:09: Form von Eingriff, ob formel oder materiell in das Eigentum passiert, ist eine Transaktion aus
01:10:17: einem rechte Bündel von Privaten an das rechte Bündel von der öffentlichen Hand. Und ich habe das
01:10:24: Gefühl, dass viele blinden Flecken und viele, viele Probleme sich besser darstellen lassen, wenn
01:10:30: man konsequent von dieser Vorstellung von Eigentum als einem Spektrum von Tun dürfen, als einem
01:10:35: Spektrum von erlaubten Beeinträchtigungen von Dritten ausgehen würde, als von einer Beziehung zu
01:10:42: einem Gut. Wir haben jetzt verschiedene Unklarheiten in Zusammenhang mit der Eigentumsgarantie
01:10:48: angesprochen. Auch viele Theorien erwähnt verschiedene Ansichten. Mich würde nun interessieren,
01:10:55: wie positioniert sich eigentlich die Rechtsprechung zu diesen Unklarheiten? Welche Position nimmt
01:11:02: die Rechtsprechung zur Eigentumsgarantie ein? Also die Rechtsprechung ist natürlich strukturell
01:11:11: und von ihrer Aufgabe hier konservativ. Nur schon deshalb, weil sie nur sich zu den Problemen
01:11:16: äußert, zu denen sie gefragt wird. Und es natürlich eine Tendenz gibt, eben bei autonomal
01:11:21: Verbraucher an die Eigentumsgarantie zu denken, wenn es um Grundeigentum geht. Und das heißt,
01:11:26: in der Rechtsprechung spielt nach wie vor ganz überwiegend das Grundeigentum die zentrale Rolle
01:11:32: in der Eigentumsgarantie. Das heißt nicht, dass es die Rechtsprechung der Eigentumsgarantie
01:11:39: darauf beschränkt ist. Es gibt diese sehr interessante, aber auch rätselhafte Rechtsprechung
01:11:46: zu faktischen Interessen. Da gibt es eine Tendenz, aber das dann auf das Verfahrensrechtliche zu
01:11:51: beschränken, also zu sagen, okay, wenn du faktische Interessen gelten machst, dann verschafft
01:11:56: dir das zwar einen Zugang zum Bundesgericht, aber es verschafft dir nicht vor den Bundesgerichtern
01:12:01: auch tatsächlich einen Schutz deiner Interessen. Also diese innovativen Aspekte der Rechtsprechung
01:12:08: vorzuvollagen in die Verfahrensrechtlichen Aspekte der Rechtsprechung, wo dann immer ein
01:12:15: bisschen unklar bleibt, was ist denn jetzt der praktische Impact davon und wo es dem Bundesgericht
01:12:19: erlaubt ist, quasi Innovationsbereitschaft zu signalisieren, ohne dass das dann praktische
01:12:25: Konsequenzen hat? Also in dem Sinne, dass, wie gesagt wird, wenn ein faktisches Interesse vorhanden
01:12:32: ist, dann ist vermutlich die Beschwerde-Legitimation zu bejahen. Ist das so in dem Sinne zu stehen?
01:12:38: Genau, genau. Das verschafft dann mal einen Zugang zum Bundesgericht, aber noch nicht einen Schutz
01:12:42: dieser faktischen Interessen. Also es gibt dazu nicht eine griffige Rechtsprechung, die zeigt,
01:12:47: okay, in diesen und diesen und diesen faktischen Interessen ist man dann tatsächlich vor Interventionen
01:12:52: des Staates geschützt. Und dann gibt es diese sehr starke Tendenz beim Bundesgericht. Unklar
01:12:59: zu sein, geht es jetzt hier um eine Neudefinition von Eigentum oder um einen Eingriff in die
01:13:06: Eigentumsgarantie und eine relativ frei händige Annahme dann, dass es um die Neudefinition des
01:13:14: Eigentums geht. Also wenn Zweitwohnungsverbot neu eingeführt wird, dann sagt das Bundesgericht
01:13:19: einfach, das ist nicht ein Eingriff in das Eigentum, das ist eine neue Definition von Eigentum. Das hat
01:13:24: den Vorteil, dass sich öffentliche Interessen relativ umstandslos durchsetzen lassen, weil es gar
01:13:30: nicht ein Eingriff stattfindet und sich deshalb die Frage der Eingriffsvoraussetzung und der
01:13:34: Wertgarantie gar nicht stellt. Und andererseits hat das den Nachteil, das Eigentum nur noch das ist,
01:13:43: was der Gesetzgeber sagt, es sei Eigentum und das im Prinzip jederzeit neu determiniert werden
01:13:48: kann und wir quasi nur vermeintlich auf sicherem Boden stehen. Ich begebe mich jetzt auf eine
01:13:55: gedankliche Odyssey, gehen wir davon aus, jemand hört sich diesen Podcast an und denkt ja,
01:14:00: genauso ist es, wir müssen die Eigentumsgarantie neu schreiben in der Verfassung, er kontaktiert
01:14:06: sie und sagt, Herr Schlägel, bitte sagen sie mir, ich habe diesen Entwurf für die neue Eigentumsgarantie
01:14:12: oder diese und diese Ideen, das ist abgebildet nach dem Podcast, wie wäre die neue Eigentumsgarantie
01:14:19: grob ausformuliert? Welche Gehalte würde diese beinhalten, wie würde diese anders geschrieben
01:14:25: sein? Ich glaube nicht, dass man den Verfassungstext anpassen muss. Jedenfalls nicht in dieser Formul
01:14:33: Eigentum ist gewährleistet. Ob dann die Frage ist, ob man die volle Entschädigung durch eine
01:14:40: angemessene Entschädigung ersetzen könnte oder anfügen könnte, das Eigentum verpflichtet und
01:14:48: dass es eine Sozialbindung des Eigentums gibt, ähnlich wie das im deutschen Grundgesetz ist,
01:14:53: das finde ich ist eine andere Frage. Die Fragen, mit denen ich mich befasse, die sind
01:15:00: Interpretationsfragen, was ist in dieser Lapidarformel Eigentum enthalten, was ist darunter zu
01:15:06: verstehen und es ist wahrscheinlich, dass sich dieser schwierige komplexe Begriff weiter
01:15:13: entwickeln wird und deshalb ist es sowohl illusorisch als auch nicht besonders ratsam,
01:15:18: diesen Begriff irgendwie festnagern zu müssen. Es ist auch wichtig, dass das Eigentum diese
01:15:22: Balance findet aus klare sicheren materiellen Verhältnissen und Entwicklbarkeit. Das ist
01:15:29: eine andere sehr schwierige Gratwanderung, die die Eigentumsgarantie muss leisten können.
01:15:35: Es ist unwahrscheinlich, dass man diesen Balanceakt mit einer besseren Formulierung in der Verfassung
01:15:40: erreicht, sondern es ist die Rechtsdokumatik und die Rechtsprechung und die Rechtsetzung,
01:15:45: die hier gefordert sind. Inwiefern denn doch die Rechtsetzung? Bei der Ausformulierung und
01:15:52: einfach gesetzlichem einfachen Gesetz? Zum Beispiel, indem schon auf der Ebene der
01:15:58: Rechtsetzung klare gemacht würde, ob hier ein Eingriff in das Eigentum intendiert ist oder
01:16:06: ob eine neue Definition des Eigentums vorgenommen werden sollte. Und wenn letzteres der Fall ist,
01:16:13: dass man sich sagt, ja aber auch wenn wir das neu definieren, dann nehmen wir ja irgendwo jemanden
01:16:18: etwas weg, ist diese Transaktion im großen Maßstab, die wir hier vornehmen, ist die
01:16:24: gerechtfertigt, können wir die quasi auch einpreisen, auch wenn wir dafür keine Entschädigung
01:16:29: leisten müssen. Solche Diskussionen, die werden, wenn sie explizit stattfinden würden, sehr wertvoll,
01:16:38: glaube ich. Sie haben vorhin einen interessanten Begriff erwähnt, die Sozialbindung im deutschen
01:16:44: Recht, können Sie das kurz erläutern? Also das ist diese Idee, das Eigentum verpflichtet. Und wenn
01:16:51: wir uns Eigentum noch einmal vorstellen als eine Dreiecksbeziehung zu einem Objekt und einer
01:16:58: Eigentümerin, einem Eigentümerin auf der einen Seite und dann der Allgemeinheit auf der anderen
01:17:02: Seite, ist diese Sozialbindung des Eigentums quasi diejenige Seite des Dreiecks, die die Beziehung
01:17:10: zwischen dem Einzelnen und der Allgemeinheit betont. Und jetzt ist die Frage, was ist der praktische
01:17:16: Wert, das in ein Verfassungsdokument speziell hineinzuschreiben. In der Schweiz ist das diskutiert
01:17:23: worden, bei der Einführung der Eigentumsgarantie und dann bei der Totalrevision der Bundesverfassung
01:17:28: und immer verworfen worden und unter anderem mit dem Argument verworfen worden, das endet
01:17:35: praktisch nichts, wenn wir das reinschreiben, denn das Eigentum sozialpflichtig ist, dass es
01:17:42: auch verpflichtet. Das ist unbestritten, das sieht man an den zahlreichen Verpflichtungen, die das
01:17:49: Gesetz an das Eigentum heranträgt. Dennoch finde ich es legitim, die Debatte zu führen,
01:17:54: wäre es nicht rhetorisch und so weiter wichtig, zu zeigen, dass Eigentum verpflichtet und dass
01:17:59: damit eine Verpflichtung gegenüber der Allgemeinheit einhergeht. Wir sitzen hier im Kreis als drei
01:18:06: wissenschaftlich tätige Personen. Mich würde interessieren, wer soll eigentlich über den
01:18:13: Gehalt, den Bestand und die Ausgestaltung der Eigentumsgarantie wie mitverhandeln können? Wie
01:18:20: wissen das ja, wenn ein Prozess involviert ist, das hat oft auch manifest einen Einfluss auf das
01:18:26: Ergebnis, soll das nur unter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler diskutiert werden und
01:18:32: zur Hilfenahme von Praktikerinnen oder wie soll das genau ausschauen? Also die Wissenschaft, die
01:18:38: hat hier vielleicht eine Begleitfunktion, eine Strukturierung und eine Analysefunktion, aber es
01:18:44: ist sicher nicht die Wissenschaft, die das bestimmt. Es ist auch nicht die Rechtsprechung,
01:18:48: auch wenn deren Rolle schon wichtiger ist, sondern es ist ganz wesentlich die Rechtsetzung, die darüber
01:18:54: entscheidet, was Teil des Eigentums ist. Und wir haben Beispiele, wo die Rechtsetzung sagt,
01:18:59: das ist zwar nicht Sacheigentum, aber das untersteht der Eigentumsgarantie, wo also diese,
01:19:05: diese besonders herausgehobene Schutz ganz explizit in die Rechtsetzung hineingenommen wird.
01:19:12: Also das ist ein politischer Prozess, das ist letztlich nur politisch verhandelbar. Die Schwierigkeit
01:19:20: dort ist, dass diejenigen, die große materielle Interessen haben, die örtlich gebunden sind,
01:19:26: gleichzeitig mehr Anreize und mehr Möglichkeiten haben, ihre Interessen durchzusetzen als andere.
01:19:32: Und insofern ist eine funktionierende Eigentumsgarantie immer auch auf funktionierende politische
01:19:39: Institutionen angewiesen, das heißt auf Institutionen, die auch einen Interessensausgleich
01:19:44: ermöglichen können, aber es gibt keinen Entrinnen von diesem politischen Prozess.
01:19:48: Mit anderen Worten sind denn die Interessen derjenigen, die nicht Grundeigentümer sind,
01:19:56: im Verfahren genügend repräsentiert, dass die Eigentumsgarantie wahrlich neu gedacht
01:20:03: werden kann, respektive diese Anstöße an die Rechtsetzung erfolgreich sein.
01:20:09: Nein, also das ist mir relativ evident, dass das nicht der Fall ist und da kann man wieder auf
01:20:16: das Migrationsrecht Bezug nehmen. Wenn sagen wir Ausländerinnen und Ausländer in der Politik
01:20:22: so gut vertreten werden wie Kraftwerkbetreiber, dann wären die ausländerrechtlichen Bewilligungen
01:20:27: wahrscheinlich auch gleich gut geschützt Eigentumsrechtlich wie Kraftwerkkonzessionen.
01:20:32: Und das sind sie nicht aus einer, sie unterstehen noch nicht einmal, besonderen Verfahrensgarantien.
01:20:39: Das heißt, diese Verteilungsentscheid, welche Güte wie gut durch den Wiederentzug des
01:20:45: Staates geschützt sind, das ist ein direkter Ausdruck von politischer Macht und das ist
01:20:50: eine der Verteilungswirkungen, die die Eigentumsgarantie hat.
01:20:53: Herr Schlägel, Sie sind v.a. zwei junge Kinder. Da passiert viel in Sachen Eigentum, Mind,
01:21:02: Steins, unsern. Was hat sich verändert mit der Geburt Ihrer Kinder oder auch mit der
01:21:08: Zeit, die sie mit ihnen verbringen, Mitblick auf die Eigentumsgarantie für sie? Hat das
01:21:13: Ihr Konzept des Eigentums mit beeinflusst? Ihr denken über das Eigentum?
01:21:18: Nein, nicht mein Denken über das Konzept des Eigentums und das ist so für mich ein
01:21:28: Prozess der wissenschaftlichen Reifung, dass man sich von Dingen, die einem emotional sehr
01:21:33: nahe angehen, fortarbeiten, hinarbeiten zu Dingen, die einem intellektuell, besonders
01:21:40: analytisch besonders Kopfzerbrechen bereitet, aber zu denen man ein relativ kühles Verhältnis
01:21:46: hat. Was sich ganz klar verändert hat, ist mein Verhältnis zu Eigentumsobjekten.
01:21:50: Ich hatte nie das Bedürfnis nach Grundeigentum und ich würde gerne jetzt meinen Kindern einen
01:21:57: Ort bieten können, wo sie aufwachsen können, wo sie Platz haben, wo sie ihren, ihr eigenes
01:22:03: Stück Welt haben und ja, das ist so ein Sprung in den materiellen Verhältnissen, der für
01:22:12: unsere Generation sehr schwierig ist zur Meistung und das beschäftigt mich.
01:22:15: Eine Abschlussfrage, etwas anderer Art. Sie haben sich jetzt lange mit Eigentum auseinandergesetzt,
01:22:23: auch mit dem Freiheitsbegriff. Im Jahr 1971 sang Janis Chaplin "Freedom is just another
01:22:31: word for nothing left to lose". Mich würde interessieren, was geht Ihnen bei dieser
01:22:36: Zeit durch den Kopf?
01:22:38: Es ist eine sehr schöne Frage, ein sehr schönes Lied. Und das ist vielleicht wichtig
01:22:45: sich, das zu vergegenwärtigen, dass es auch diese Form von Freiheit gibt. Diejenigen,
01:22:52: die alles verlieren in dem Lied geht es um jemanden, der alles verliert. Die haben jedenfalls
01:22:58: nach den Trost, dass mit diesem totalen Verlust auch eine gewisse Freiheit einhergeht. Und es
01:23:06: stimmt, dass wenn man nichts mehr zu verlieren hat, hat man die Freiheit, alles zu tun, was
01:23:13: man noch tun kann. Und umgekehrt ist man diese Verpflichtung los, die mit dem Eigentum eben
01:23:20: kommt, diese Sozialbindung des Eigentums. Um die braucht man sich nicht so kümmern, wenn
01:23:26: man quasi nur noch das Hemd am eigenen Leib hat. Wahrscheinlich ist es aber viel zu romantisch
01:23:33: und viel zu radikal, zu sagen, dass Freiheit an sich nichts anderes ist als ein anderes
01:23:40: Wort für nichts mehr zu verlieren haben. Das ist eine sehr spezielle und eine recht traurige
01:23:44: Form von Freiheit. Und die Freiheit, die wir in der Regel meinen, wenn wir von Freiheit
01:23:49: sprechen, nämlich ein großes Spektrum von Handlungsmöglichkeiten, die hat eine sehr
01:23:55: eine knallharte materielle Realität und die geht einher mit der Kontrolle von wirtschaftlichen
01:24:02: Güten. Und diese Form von Freiheit, die steigt man kannt an, wenn man mehr wirtschaftliche
01:24:08: Ressourcen kontrolliert. Und deshalb auch wenn das Eigentum mit Verpflichtungen kommt,
01:24:14: dann ist das Eigentum nach wie vor eine Quelle von Freiheit und eine, die wir nicht leicht
01:24:21: fertig aufgeben sollten. Ja, Herr Schlägel, wir danken Ihnen vielmals
01:24:25: für diese Ausführungen, dass Sie heute da waren und uns reichen Kontext zu diesem
01:24:31: sehr knappen Artikel 26 der Bundesverfassung gegeben haben. Sie werden schon bald, in Anfang
01:24:40: Februar, eine neue Tätigkeit beginnen. Sie werden Direktor der Schweizerischen Menschenrechtsinstitution.
01:24:48: Wir wünschen Ihnen bei dieser Tätigkeit viel Erfolg, gutes Gelingen, viel Freude bei
01:24:55: der Arbeit und wir sind gespannt, wie es mit Ihrer Habilitation weitergeht und wir danken
01:25:00: Ihnen vielmals, dass Sie heute da waren. Ich habe zu danken, ganz herzlich. Vielen Dank.
01:25:05: In der nächsten ein Video gibt es einen schönen Tag.
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